Dieses nunmehr vierte Album des Isländers Guđmund Asgairsson scheint nach dem ersten Durchhören unter dem Motto „Nimm mich mit auf die Reise, wenngleich niemand zu wissen scheint, wohin sie geht“ zu stehen. Das Titelstück ist das klassische Intro; druckvolle Fanfaren kündigen Großes an und bauen Spannung auf, die durch das Folgestück „Der Mann auf der Mauer“ noch gesteigert wird. In der energiegeladenen Komposition „Der kleine Lord II“ – Teil I befindet sich bekanntlich auf dem Album „Taxi to Svalbard“ – wird das Orgelspiel zelebriert, daß der Zuhörer gebannt lauscht, und hier wird auch die Interdependenz zwischen Asgairsson und Baron Wolfenstein überdeutlich; dessen Antwort, die freundlicherweise ebenso auf dieser CD enthalten ist, bestätigt ihre musikalische Abhängigkeit voneinander. Wolfensteins Beitrag ist Anerkennung für Asgairsson und zugleich Eingeständnis der eigenen Niederlage vordermals in Tantow. Nach der ahnungsvoll düsteren Remineszenz „Der fette Clemenza“ folgt das minimalistische Klavierstück „Puddingbrille“, durch das der Spannungsbogen noch weiter gespannt wird. „Rache für Tempel-1“ versetzt den Hörer in eine Art Schwebezustand; man träumt vom All, was beim Folgestück „Das leise Kichern des Legaten“, das entspannt-loungig und leicht angejazzt daherkommt, noch anhält. Mit dem Titel „Das luftgetriebene Riesenhorn“, das den Hörer wieder auf den (Tanz-) Boden zurück holt, begründet Guđmund Asgairsson die Musikrichtung des Nordic Dancehall Stylee. Die nur vierzehnsekündige „Interlude“ ist Quintessenz des Asgairssonschen Gesamtwerkes, die beinahe ins Unerträgliche gestiegene Spannung kulminiert hier; hier wird ALLES mitgeteilt. Das ist im nachfolgenden längsten Lied der CD genauso, allerdings wurde hier das Kernthema geschickt ummantelt und ausgebaut, dennoch ist das Lied schnörkellos und straight. „Schwarze Wolken über Morgenröthe-Rautenkranz“ ist, obwohl zunächst düster wirkend, ein beschwingtes, von einer süßen Melodie getragenes Lied, das gewittrig endet. Die „Suite in MOL“ ist eine dort entstandene Hommage an Batzlow und den dort wirkenden Prof. Kabunke. Ähnlich dicht wie „Interlude“ ist der Titel „Der schwarze Ritter triumphiert immer“, bei dem ein erster Einfluß des Banater Schwaben DJ Pizdets deutlich hörbar hervortritt. Beim Hören der„Krachbummpolka“ begann ich unweigerlich zu tanzen und war auf dem besten Wege, in Ekstase zu verfallen, der „Appendix“ ist dabei die nur logische Fortsetzung des Themas. Die kurze Gitarrenversion von „Tanzbär Tamara“ ist die Erinnerung an ein Thema und zugleich das Bekenntnis zum eigenen früheren Werk. Das „New Theme“ von Asgairsson und DJ Pizdets, in dem das Thema von „Schwarze Wolken“ umrissen wird, zeigt eine Symbiose der Extraklasse auf; dies ist die meisterhafte Konglomerisation von E und U, das ist Musik, an die man denkt, wenn man sich Shakespeare in der Disco vorstellen soll. Die abschließende Pizdets-Version von „Puddingbrille“ ist diesbezüglich noch krasser im ursprünglichen Wortsinn. Insgesamt zieht sich durch das gesamte Werk eine heitere Atmosphäre, die man beim Lesen der (wieder) deutschsprachigen martialischen Titel nicht zu ahnen gewagt hätte; man glaubt beinahe, den sonnigen Spätsommer hören zu können, während dem diese CD den letzten Schliff von Zbigniew Szymanowski höchstpersönlich erhielt. Ein großartiges Album. |
Der isländische Konzeptkünstler und Komponist Guđmund Asgairsson stellt seine neue CD „Taxi to Svålbard“, inklusive des Anthems „Der Zirkusdirektor ist tot“, vor. Neben diesem bereits bekannten Werk, das auf dem Album seine Fortsetzung in einem weiteren Teil findet, sowie dem für Asgairssons Verhältnisse geradezu beschwingten Titelstück, besticht auf der vorliegenden Scheibe vor allem das vierteilige, sehr diszipliniert komponierte und stringent vorgetragene „Tanzbär Tamara“, das audiophil das Erahnen des ersten Frühlingstages beschreibt.
Für den Spätsommer hat Guđmund Asgairsson eine kleine Tournee durch die großen europäischen Einkaufszentren angekündigt, auf der er erstmals von dem finnischen Chansonnier Paari Porkkanalainen begleitet werden wird. Man darf gespannt sein. |
Guđmund Asgairsson: Taxi to Svålbard
Eine Rezension des bekannten friesischen Musikkritikers Zacharias Spökendonk
Erschienen im "Spiekerooger Deichboten". Einige Auszüge:
"Hallo Taxi" ist das wohl gelungenste Intro seit 'Saint Pepper'.
"Tanzbär Tamara" ist eine erschütternder Kommentar zu den erschütternden Zuständen, in denen osteuropäische TanzbärInnen dahinvegetieren müssen.
Selten hat mich ein Lied dermaßen verstört und betroffen gemacht wie Asgairssons "Der Zirkusdirektor ist tot".
"Taxi to Svalbard" ist ein mit leichter Hand komponierter Dancetrack mit dem Asgairsson auch auf dem Gebiet der leichten Muse zeigt, wo vorn ist und solche "Größen" wie Moby und Westbam auf die Plätze verweist. Hier gilt mal wieder die Maxime: Wenn der Kuchen spricht, schweigen die Krümel.
"Kirmes in Batzlow" ist eine Huldigung an die gleichnamige Oderbruchmetropole, die von Asgairsson als neues Zion betrachtet wird.
Mit der "Alfred-Passion" setzt Asgairsson dem gleichnamigen, hierzulande eher unbekannten, isländischen Märtyrer ein bleibendes musikalisches Denkmal.
Fazit: "Taxi to Svalbard" ist das langersehnte Album dieses Jahrzehnts.
(Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Zacharias Spökendonk Inc.) |